«Die stoische Blaue neben Zwitterwesen aus Bronze»

Thurgauer Zeitung, 13. September 2021

Text und Bild: Dieter Langhart

17 Mitglieder von kunstthurgau stellen in der Torggelmühle bei Andrea und Mark Röst aus. Ein Einblick.

Die «blaue Figur» ist Teil der Ausstellung.
Die «blaue Figur» ist Teil der Ausstellung.

Es ist etwas ruhig geworden um die Gruppe kunstthurgau. Die ganz Jungen fehlen unter den Mitgliedern, die Pandemie hat das Ihre getan und Ausstellungen verunmöglicht. Von den aktuell einundzwanzig Mitgliedern sind nur vier nicht mit dabei in der Torggelmühle, in Haus und Garten von Andrea und Marc Röst-Scherrer.

Doch die Vernissage am Freitagabend ist gut besucht, man grüsst und umarmt sich, verliert hier ein liebes Wort und nippt da am Weissen oder Roten vom Bio Lenz, der seit Jahren fix zu kunstthurgaus Ausstellungen gehört. «Lasst uns anstossen auf den Spätsommer, auf die Kunst, auf das Leben», ruft die Raku-Künstlerin und Mitausstellerin Ursula Bollack-Wüthrich in die Runde und begrüsst auch die anwesende Grossratspräsidentin Brigitte Kaufmann.

 

Eine Ethnologin äussert sich zur Kunst

Dann spricht Cornelia Vogelsanger, Ethnologin aus Uttwil, zu den Besuchern und zu den Kunstschaffenden. Für sie ist Kunst nicht einfach ein Lebensmittel, sondern ein Genuss. Und Kunst müsse gewiss nicht gefällig sein, sie dürfe auch aufregen. Die Pandemie bezeichnet sie als eine «magere Zeit», die Kunst generell hingegen als einen «ungeheuren Gewinn, seit es Menschen gibt». Kunst verbinde die Menschen, sagt die Ethnologin, die auch Bücher über Schmuck und Kleider mitverfasst hat. Ihr Appell ist klar und deutlich: «Wir sollen einander Aufmerksamkeit schenken.» Und das tun die Besucher der Vernissage.

 

Hauptsächlich Frauen zeigen ihre Kunstwerke

Die Ausstellung lohnt sich. Im Garten und in der offenen Scheune des Anwesens zeigen die Mitglieder von kunstthurgau, was sie unter Kunst verstehen. Eine Skulptur dominiert das Aussen: Betty Kuhns «blaue Figur». Stoisch steht sie vor der Pergola, neigt ihr kleines Haupt und stemmt ihre Arme neckisch auf die Hüften – man kommt an ihr nicht vorbei. Doch wohlfeil ist sie nicht, ihre Schöpferin heischt 14000 Franken. Bianca Frei-Baldeggers Installation «Erinnerung an meine Mutter (Modistin)» hingegen ist natürlich unverkäuflich. Die Künstlerinnen, also die Frauen, überwiegen ganz klar an dieser Ausstellung, und das ist gut so.

Ursula Fehr etwa stellt zwei ihrer Ikariden aus Bronze dezent in den Garten, während Agnes Blum fünf unvergleichliche Fotografien zeigt: In «Wie das Wasser zeichnet» abstrahiert sie seine Bewegung und lässt sie zu monochromen Stimmungen werden. Dazu legt sie einen Stapel mit ihrem Buch «Mehrbilder», das voller Poesie ist.

Manche Kunstschaffende zeigen nur ein Werk, andere zwei oder drei – die Ausstellung wirkt so nie überladen, sondern luftig und leicht und abwechslungsreich.



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