«Braucht es Kunstthurgau noch?»

Thurgauer Zeitung, 26. November 2019

Text: Barbara Fatzer

Bild: Pierre Sutter

Seit 78 Jahren bietet Kunstthurgau eine Plattform für Ausstellungen und Vernetzung im Kunstbereich - aktuell in Weinfelden.

Es war mitten im Krieg, als Künstler aus der Unterseegegend die «Thurgauische Künstlergruppe» gründeten, um gemeinsam ihre Werke in Gasthöfen und Schulhäusern zu zeigen. Es gab damals noch keine Institution, die sich für eine Kunstvermittlung eingesetzt hätte. Selbst der damalige Regierungsrat fand es notwendig, Kunst aufzukaufen. Er hat so die Basis der jetzigen staatlichen Kunstsammlung gelegt. Bis zu den 1960er-Jahren aber war es die Künstlergruppe, die regelmässig mit ihren selbst organisierten Ausstellungen Kunst ans Publikum brachte.

 

Dann kam es zu Aufbrüchen. Der legendäre kulturelle Holzboden entwickelte sich langsam, aber stetig zu einer blühenden Magerwiese. Ohne vorerst staatliche Unterstützung entstanden Kunstorte, Kleintheater und literarische Veranstaltungen, erfüllten Bedürfnisse von Kulturinteressierten. Und immer war die Thurgauer Künstlergruppe dabei, sie durchlief Krisen und positionierte sich wieder neu.

 

Projekte sind gefragt, damit man beachtet wird

 

Mit der offiziellen Eröffnung des Kunstmuseums 1983 erhofften sich die Mitglieder, auch hier mit ihren Werken unterzukommen. Einzelne schafften das, andere nicht. Um noch beachtet zu werden, mussten sich die Mitglieder etwas Neues einfallen lassen. Es reichte nicht mehr, einfach neuere Werke gemeinsam auszustellen. Mit grossem Engagement wurde ein erstes Projekt verwirklicht, die jurierte Ausstellung «Art&Weise» 1998 im Amriswil mit eingeladenen Kunstschaffenden und Veranstaltungen. Der Erfolg inspirierte die gegen 50 Mitglieder, weitere lustbetonte Themenausstellungen zu bieten und die sich abzeichnende Krise wieder zu überwinden. Neue Leute im Vorstand waren bereit, sich mehr zu engagieren.

 

Heute ist das kulturelle Angebot im Thurgau unübersehbar. Braucht es da die Kunstthurgau überhaupt noch? Entschieden ja, wenn man den jetzigen Vorstandsmitgliedern zuhört: «Wir bieten eine Plattform, nicht nur, um sich in der Öffentlichkeit zu zeigen, sondern wir setzen uns wirklich auseinander, bis wir ein neues Thema festgesetzt haben für unser gemeinsames Schaffen», sagt Ursula Bollack.

 

Wenig Nachwuchs - und eine feine Ausstellung

 

Martin Bührer, der 2017 bis 2019 auch «Obmann» (Präsident) war, fand es wertvoll, sich hier mit anderen Künstlern auszutauschen, als er neu in den Thurgau zog. Was Sorgen macht: Etliche etablierte Künstler sind ausgetreten, jüngere sind wenig interessiert, sich hier zu engagieren. Und es gibt nicht wenige, die vor allem ausstellen und verkaufen wollen.

 

Mit der neuen Website, geschaffen im 75-Jahr-Jubiläum 2016, findet man eine Fundgrube, die ein vielfältiges Bild vom Thurgauer Kunstschaffen vermittelt. Sie wird weiter ausgebaut von Susy Rüegg, der neuen Geschäftsstellenführerin, ein weiteres Instrument, sich zu vernetzen.

 

Die jetzige Ausstellung von vierzehn Mitgliedern im Haffterkeller Weinfelden ist bescheiden, aber fein ausgefallen, die Kunstwerke sorgfältig gehängt und platziert. Das Interesse des Publikums daran zeigte sich an der Vernissage: Gegen hundert Leute kamen! Dafür hat die Gruppe 2020 wieder ein grösseres Projekt vor, darum konzentriert man seine Energie darauf und arbeitet schon daran.


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